FlowBank

Anlegen wie der schwarze Schwan

Nassim Taleb, Ray Dalio und Mohamed El-Erian sind ein Verfechter davon, nur in risikoreiche und –arme Anlagen zu investieren. Anlagen mit mittlerem Risikoprofil werden konsequent gemieden. Das sind die Vorteile der «Langhantel»-Strategie für Investoren.

Das Konzept der Langhantel-Anlagestrategie besteht darin, dass Sie zur Erzielung des besten Risiko-Ertrags-Verhältnisses Anlagen an beiden Enden der Risikoskala in Betracht ziehen: einerseits die am wenigsten riskanten Vermögenswerte (aber mit einer begrenzten Renditeerwartung) und anderseits die Vermögenswerte mit dem grössten Gewinnpotenzial (aber mit dem höchsten Risiko). Diesem Ansatz zufolge bringen die weniger risikoreichen Vermögenswerte Stabilität in das Portfolio, während am andere Ende langfristige Kapitalgewinne winken.

Der andere Vorteil dieser Strategie ist die Diversifikation, da die beiden oben beschriebenen Anlageklassen wenig bis gar nicht korreliert sind. Mit anderen Worten: Wenn die risikoreichsten Vermögenswerte stark korrigieren, absorbieren die so genannten stabilen Vermögenswerte den Schock und ermöglichen so dem Portfolio, Verluste zu begrenzen. Auf der anderen Seite erzielt der stabile Teil des Portfolios in Phasen des Überschwangs für risikoreiche Anlagen eine enttäuschende Performance. Dieser Ansatz hat den Vorteil, dass er die Performance im Laufe der Zeit «glättet» - und damit den Anleger besser schlafen lässt.

Dieser Ansatz wird von Nassim Taleb, ehemaliger Hedge-Fonds-Manager, Kraftsportler und Autor des berühmten Buches "Der schwarze Schwan", favorisiert. Auch andere berühmte Investoren wie Ray Dalio und Mohamed El-Erian haben die Vorzüge dieses Ansatzes gelobt.

 

So wird ein Langhantel-Portfolio konstruiert

Eine Langhantel-Strategie kann sowohl in einem Multi-Asset-Portfolio als auch innerhalb einer einzelnen Anlageklasse umgesetzt werden. Zum Beispiel kann ein Anleihenmanager hoffen, das Risiko-Rendite-Verhältnis zu maximieren, indem er sowohl in Anleihen mit kurzer Laufzeit (die am wenigsten riskant sind) als auch in Anleihen mit langer Laufzeit (die am meisten riskant sind) investiert. Dies bedeutet, dass die mittleren Durationen (der "weiche Bauch" der Kurve) im Portfolio untergewichtet sind.

Das Gleiche gilt für ein Aktienportfolio. Der Manager bevorzugt grosskapitalisierte Aktien, die in ihren jeweiligen Sektoren führend sind und ein hohes Mass an langfristiger Visibilität der Rentabilität für den Grossteil des Portfolios aufweisen. Der andere Teil des Portfolios bilden Small Caps mit hohem Wachstumspotenzial, das allerdings nicht in jedem Fall garantiert ist. In einem Multi-Asset-Portfolio impliziert diese Strategie die Investition in Geldmarktanlagen, Staats- und Unternehmensanleihen von guter Qualität und sogar Gold für den am wenigsten risikoreichen Teil. Der andere Teil des Portfolios ist in risikoreiche Aktien, Risikokapital, Anleihen mit einem Rating unterhalb von Investment Grade, Kryptowährungen und Optionen investiert. Die Gewichtung der verschiedenen Vermögenswerte wird durch die historische Volatilität bestimmt - je niedriger die Volatilität, desto höher die Gewichtung im Portfolio - und umgekehrt.

In einem Portfolio mit konservativem Risikoprofil werden z.B. etwa 90% in den linken (risikoärmsten) Teil und 10% in den rechten, risikoreichsten Teil investiert. Mit anderen Worten: Der sogenannte riskante Teil des Portfolios hat ein hohes Wertsteigerungspotenzial, ohne das Vermögen des Anlegers zu gefährden.

2020 war ein aussergewöhnliches Jahr für die «Hantel»

Selbstverständlich war das vergangene Jahr ein besonderes, auch für die Finanzmärkte. Vor diesem Hintergrund haben sich «Hanteln» aussergewöhnlich gut entwickelt. Tatsächlich kamen der Aktivismus der Zentralbanken und die Liquiditätsflut nicht nur Staatsanleihen und Gold zugute, sondern auch den risikoreichsten Aktien, darunter Technologie- und E-Commerce-Titel. Aktien von Unternehmen wie Google, Amazon und Zoom waren die grossen Gewinner. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die beiden Extreme der Risikokurve zwar theoretisch nicht gleichzeitig eine sehr gute Performance liefern sollten, aber das Unwahrscheinliche ist 2020 geschehen.

Für Marktsegmente wie zyklische Aktien, Schwellenländer, Bankentitel oder Mid-Cap-Werte war das vergangene Jahr dagegen deutlich ungünstiger. Trifft das auch im laufenden Jahr zu? Die Pandemie ist nach wie vor präsent und bremst unverändert viele Bereiche der Wirtschaft. Als Folge haben die Zentralbanken keine andere Wahl, als weiter Geld zu drucken - ein Umfeld, das sowohl Staatsanleihen als auch Technologiewerte begünstigt.

Allerdings beginnt ein neues Szenario an den Märkten favorisiert zu werden. Wie die Umfrage der Bank of America Merrill Lynch unter Fondsmanagern zu Beginn des Jahres 2021 gezeigt hat, werden gerade die Marktsegmente favorisiert, die von den Anlegern im Jahr 2020 «vergessen» wurden. Tatsächlich ist eine Rotation hin zum Value-Stil, zu Schwellenländeraktien, britischen Aktien, Rohstoffen, Banken und Small Caps im Gange. Umgekehrt sind Large Caps und Wachstumsaktien, Anleihen und Cash weniger gefragt.

Massenimpfungen sollten zu einer Erholung des Arbeitsmarktes und der Investitionsausgaben führen, unterstützt dürfte diese Entwicklung durch die Stimulierung der Zentralbanken und der Staatsausgaben werden. Eine starke wirtschaftliche Erholung könnte dann zu einer steileren Anleiherenditekurve und einem Anstieg der Realzinsen führen. Diese Entwicklungen könnten sich nachteilig auf Staatsanleihen und Gold auswirken. Zugutekommen werden die Entwicklungen aber allen Marktsegmenten, die Nachzügler sind. In gewisser Weise sind es die Vermögenswerte in der "Mitte" der Risikokurve respektive der «Hantel», die am meisten von dieser neuen Phase des Konjunkturzyklus profitieren dürften. Es ist jedoch nicht das erste Mal, dass ein solches Szenario beschrieben wird. Diese Vermögensrotation wurde in den vergangenen Jahren oft antizipiert und doch trat sie nicht ein. Daher könnte die "Hantel"-Strategie weiterhin eine rosige Zukunft vor sich haben.

Neueste Nachrichten

bg_newsletter